Mo 20. Dezember 2021 | Advent, Team
Liebe Leserin, lieber Leser!
Weihnachten ist eine Oase für die Seele.
Menschen kommen ganz verschieden bei ihr an. Manche erreichen sie satt und zufrieden:
die Oase wird womöglich nicht beeindrucken. Andere kennen sie schon sehr gut von früheren Reisen: da überrascht nichts mehr. Manche aber laufen auf die Oase mit großen Erwartungen zu, weil sie wissen oder hoffen: sie wird mir gut tun, den Durst stillen. Manche stranden an dieser Oase zufällig und leben unwillig an den Rändern von Brauchtum und Traditionen, eigentlich ohne Bedeutung für das eigene Leben. Andere werden diese Oase nicht erreichen, weil sie selbst nicht mehr an sie glauben. Sie haben sie aus den Augen verloren. Aber Weihnachten als Oase der Seele kann uns in besonderer Weise in diesem Jahr mit all seinen gesellschaftlichen Herausforderungen das spenden, was wir benötigen: Sehnsucht, Hoffnung, Liebe, inneren Frieden, erfülltes Leben.
Es geht um Frieden auf dieser Welt im Kleinen wie im Großen. Es geht um Frieden zwischen uns Menschen der dann möglich ist, wenn die Gegenwart Gottes in uns erfahrbar wird. Die Engel sangen den Hirten die Worte (Lukas 2, 14):
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“
Für mich ist das ein weihnachtlicher Spitzensatz. Aber was ist damit gemeint? Licht und Lobpreis stehen ganz im Vordergrund. Zugleich zeichnet Lukas aber auch einen scharfen Kontrast in seinem Weihnachtsevangelium: hier die verweigerte Herberge, Krippe und Stall, die harte Lebenswelt der Hirten, dort der Lichtglanz göttlicher Herrlichkeit.
Die Wirklichkeit der Erde trifft auf die Wirklichkeit des Himmels.
Darum geht es. Wo aber der Himmel die Erde berührt, also Gott in mir zum Klingen kommt da kann Frieden werden. Innerer Frieden, der mich zutiefst ausatmen lässt und mir zugleich Kraft schenkt.
Ein innerer Frieden, der dann auch nach außen strahlen kann. Der uns buchstäblich schön macht und das Wohlgefallen aneinander fördert.
Auch das diesjährige Weihnachtsfest werden wir, trotz der Pandemie und globaler Auseinandersetzungen, wieder feiern. Doch die Spannung bleibt, denn nicht wenige Menschen in unserem Land werden sich in wenigen Wochen am Heiligen Abend wieder einmal die Frage stellen, ob die Geschenke denn auch ankommen und ob es richtig war, so viel Geld ausgegeben zu haben. Andererseits geht es bei anderen Menschen in dieser Welt nur um eines: Überleben und Hunger stillen. Angst aushalten und Kinder trösten, weil Krieg herrscht.
Es ist richtig Weihnachten zu feiern, aber doch vielleicht so, dass wir nicht wegschauen und vergessen, dass die Welt immer noch nicht in „himmlischen Zuständen“ ist. Im globalen Dorf dieser Welt haben die dramatischen Geschehnisse und der Streit im Nachbarhaus auch unmittelbare Auswirkungen auf uns und unser Leben. Es kann uns nicht kalt lassen, wenn Menschen an fernen Orten leiden durch Naturgewalten, oder durch menschliche Gewalt.
Es kann uns nicht kalt lassen, wenn auch hier in unserem Land an den Orten wo wir leben, Menschen zum Christfest einsam und allein sein müssen.
Und wenn wir aufmerksam hinhören und hinsehen, dann erfahren wir, dass viele Menschen sich kümmern und über sich selbst hinauswachsen, helfen und handeln. Wir erleben eine junge Generation, die von ihrer Zukunft spricht und diese schon heute mitgestalten will. Welchen Raum geben wir dabei den jungen Menschen?
Wir können nicht mehr so leben wir unsere Vorfahren mit einem Wissen, das meist an der Wohnortgrenze endete. Alle Globalisierungen und Vernetzungen unseres Lebens machen uns verantwortlicher.
Das mag gelingen wenn wir dem Kind in uns, das eine Herberge sucht, die Tür nicht verschließen. Dann kann der göttliche Friede in uns Raum bekommen. Denn „Wohlgefallen aneinander“ und „Solidarität miteinander“ lassen Frieden möglich werden unter uns. Die weltweiten Probleme werden wir allein nicht lösen können. Aber wir können uns selbst verändern. Bei uns selbst beginnen. Jeden Tag neu, wenn wir unser Bewusstsein dafür schärfen! Der christliche Glaube lädt uns in diesem Geiste dazu ein, sich persönliche Fragen zu stellen: Mit wem liege ich im Streit und warum? Was ist einfach nicht geklärt in meinem Leben?
Das Christfest kann zu einer Oase für die Seele werden, wenn die Seele nach beidem fragt, nach Himmel und Erde. Wenn wir dieses „Licht des Glaubens“ an jedem Tag – nicht bloß zu Weihnachten – versuchen leuchten zu lassen, werden wir spüren, wie uns diese inwendige, göttliche Wärme im Leben helfen kann.
Ich wünsche Ihnen und den Menschen, mit denen Sie Ihr Leben teilen, eine segensreiche Christfestzeit, die ins neue Jahr hineinreicht und sich am 2. Februar zu Maria Lichtmess wieder einmal erfüllen wird.
Ihr Pfarrer Johannes Lehnert
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Jedes Mal, wenn zwei Menschen einander verzeihen,
ist Weihnachten.
Jedes Mal, wenn Eltern und Kinder füreinander Verständnis zeigen, ist Weihnachten.
Jedes Mal, wenn wir einem Menschen helfen, ist Weihnachten.
Jedes Mal, wenn jemand beschließt, ehrlich zu leben, ist Weihnachten.
Jedes Mal, wenn du versuchst, deinem Leben einen neuen Inhalt zu geben, ist Weihnachten.
Jedes Mal, wenn zwei Menschen sich lieben in tiefer und ehrlicher Liebe, ist Weihnachten.
Jedes Mal, wenn ihr einander anseht mit den Augen des Herzens, mit einem Lächeln auf den Lippen,
ist Weihnachten.
Denn es ist geboren die Liebe
Denn es ist geboren der Friede
Denn es ist geboren die Gerechtigkeit
Denn es ist geboren die Hoffnung
Denn es ist geboren die Freude
Denn es ist geboren Christus, der Herr!
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Amen
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Vielen Dank an Sie alle, die mit uns zusammen gearbeitet haben und so auch das Jahr 2021 zu etwas Besonderem gemacht haben!
Ein herzliches Dankeschön für die vielen tollen Begegnungen, Besuche und Gespräche im Komptenzzentrum Bildung. Bleiben Sie gesund und behütet!
Ihr Team des Kompetenzzentrums Bildung
Fr 18. Dezember 2020 | Advent
Geistlicher Gruß zum 4. Advent
Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. Lukas 1, 46
Liebe Leserin, lieber Leser,
der 4. Adventssonntag kommt und damit kann die Freude auf das Fest der Christusgeburt in uns weiter wachsen. „Freuet euch! Der Herr ist nahe.“ So ermutigt uns der Wochenspruch.
Von dieser wachsenden Freude berichtet uns auch das Lukasevangelium. Da ist dieses junge jüdische Mädchen aus der gottlosen Gegend von Galiläa. Maria. Fast noch ein Kind. Wahrscheinlich nicht älter als 14 Jahre. Unverheiratet, aber schwanger. Alles spricht gegen die heilige religiöse und gesellschaftliche Ordnung im jüdischen Land. Doch das Mädchen nimmt ihr Schicksal an. Nach dem Erschrecken kommt der Mut. Sie vertraut dem Engel. Die eigentlich Ohnmächtige wird mächtig im Herzen.
In ihrer reinen und jungen Kinderseele formt sich ein unglaubliches Lied: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes, denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen… Wer solche Lieder singt, der legt ein Bekenntnis ab. Magnifikat. Protestsong. Es ist ein zartes und hartes Lied zugleich. Ein revolutionäres Lied. Es ist klar und deutlich in seiner Aussage. Ein Lied, das von mächtigen und ohnmächtigen Menschen handelt und von Stolz und Demut. Es handelt von der Barmherzigkeit Gottes und der Umverteilung des Reichtums. Ein Lied, das eigentlich nicht unter den Tannenbaum passt.
Das mit der Niedrigkeit kommt uns vielleicht bekannt vor, auch wenn wir es vermutlich nicht so formulieren würden. Wir glauben manchmal, nichts zu sein und nichts zu können. Maria spricht von ihrer Selbsteinschätzung. Sie spricht aus, was viele immer nur empfinden und nie in Worte fassen: Ich kann es nicht und ich will es nicht. Und außerdem traue ich es mir nicht zu. Und die anderen auch nicht. Und helfen tut mir sowieso keiner.
Aber Marias Lied geht weiter: Gott hat die Niedrigkeit seiner Magd gesehen und dann trotzdem große Dinge getan. Maria hat jetzt einen Auftrag, der die Welt verändern wird.
Sie weiß mit einem Mal Dinge von Gott, die sie vorher nicht gewusst hat. Und sie entdeckt Dinge über sich selber, die sie vorher nicht zu glauben gewagt hatte. Sie hat gespürt, dass das alles noch viele Generationen beschäftigen wird. „Es werden mich preisen alle Kindeskinder.“ Fasst schon ein bisschen übermütig, die kleine Maria, oder?
Die eigentlich Mächtigen sind ohnmächtig. Gott kommt gewagt, gewaltig aber nicht gewalttätig. Total anders, als alle es erwartet haben. Er tanzt nicht mit den Mächtigen in Jerusalem oder Rom und spielt nicht ihre Intrigenspiele. Stattdessen stößt er die Mächtigen mit seinen Worten der Liebe vom Thron. Schon durch seine Gegenwart fühlen sich die Herrscher wie Herodes oder Pilatus bedroht.
Und wir? Wir Menschen erheben uns auch leicht über andere, wenn wir der Meinung sind, die anderen haben keine Ahnung. Wir denken nicht selten zu wissen, was das Richtige ist. Wir fühlen uns kompetent in unserem Bereich. Da braucht uns weder Mensch noch Gott rein zu reden. Und dann ist es vielleicht doch nur eine Wasserblase. Maria, die eigentlich Machtlose, formuliert es so: Die, die stolz sind, zerstreut er, bringt sie durcheinander und lässt sie nicht zum Zuge kommen. Gott ist also nicht stumm und untätig in dieser Welt. Aber seine Sprache wird heute nur noch selten gesprochen und sie wird offenbar kaum mehr verstanden. Dabei ist sie doch einfach und klar: Ein Kind, von einer einfachen Frau geboren als friedliche „Kampfansage“ gegen die Mächtigen und Gewalttätigen. So ist Gott in diese Welt gekommen. Ohne die Hilfe schlauer Theologen, ohne Sparbuch und Lebens- und Krankenversicherung, ohne Armee und ohne Besitz. Um es uns noch einmal klar vor Augen zu stellen, was Gott da eigentlich veranstaltet hat: Ein 14 jähriges Mädchen, schwanger, unverheiratet, ohne Bildung, wurde zum Angelpunkt der Weltgeschichte.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes 4. Adventswochenende,
Ihr Pfarrer Johannes Lehnert
Di 15. Dezember 2020 | Advent, Allgemein
Ich wünsche dir Sternstunden,
Augenblicke, die lange und gut nachklingen,
erfüllt von der Wärme und dem Licht wirklicher Begegnungen,
die dich stark und mutig machen.
Ich wünsche dir Sternstunden, Zeiten,
in denen du zu dir selbst und zur Welt kommst,
überraschend wie ein Geschenk und ein guter Gedanke,
der dich weiterbringt.
Ich wünsche dir Sternstunden,
Erfahrungen, die so hoch und so weit wie der Himmel sind,
unendlich wie ein geglückter Augenblick in dem dir Liebe gelingt.
Ich wünsche dir Sternstunden,
in denen alles stimmt und die ganze Welt zusammenklingt
wie ein Lied.
(Claudia Peters)
Liebe Freundinnen und Freunde,
Wir sind unterwegs. Mit dem ersten Schrei bei der Geburt bis zum letzten Atemstoß.
Wir sind unentwegt in Bewegung und wachsen und werden und wollen und müssen und dürfen … Mittendrin Gottes Sternstunde, sein kreativer Überfall:
Menschwerdung.
Stern. Hirten. Magier. Uneheliches Kind. Fertig ist die Heilige Familie. Halleluja. Amen.
Aber! Wir sind auch nicht schlecht, denn auch der Mensch übt seinen kreativen
Überfall:
Gottwerdung.
Algorithmen. Künstliche Intelligenz. Digitalisierung. Starlink. Fertig ist die Wiedervereinigung. Gott wurde Mensch. Mensch wird Gott. Wir sind eins für immer und gut. Gut? Wenn es doch so wäre. Es bleibt dabei. Wir sind noch unterwegs, um die innere Menschwerdung zu erlangen. Aber das Licht leuchtet. Es ist mitten unter uns. Und so feiern wir die Geburt Jesu als Kultur der Erinnerung an etwas, bei dem wir nicht dabei waren. Wir hörten davon, dass es einst einmal geschehen war … und wir glauben es.
Heute. Immer noch. Und das ist gut. Weil es wahr ist. Wahr für die unter uns, die Wahres wagen. Das Unverfügbare glauben. Dem Unglaublichen erlauben, glaubhaft Raum zu nehmen, in der suchenden, liebenden menschlichen Herberge. Das Projekt Gottes geht weiter …
Gesegnete Weihnachten und ein gesundes neues Jahr 2021!
Ihr Team des Kompetenzzentrums Bildung
Gunhild Heidke, Gabriele Kuhnt, Susette Schumann, Tabea Dross, Jennifer Sariökmen und Pfarrer Johannes Lehnert
Wir möchten uns ganz herzlich für das Jahr 2020 bei Ihnen bedanken!
Für die Zusammenarbeit, den Support und die vielen tollen Begegnungen.
Bleiben Sie gesund!
Di 15. Dezember 2020 | Advent
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
liebe Freundinnen und liebe Freunde,
wir hatten im Kompetenzzentrum Bildung eine spontane und herzliche Weiterbildung zum Kirchenjahr, denn die neuen didaktischen Materialien sind eingetroffen und nicht nur Schwester Gunhild und Schwester Gabriele waren fleißig beim Probieren und diskutieren, sondern auch unser lieber Kollege aus der Technik, Herr Dellmann, war voll mit dabei. Spontan und ungeplant.
Ein adventliches Treffen der spontanen Art. Das Kompentenzzentrum Bildung entwickelt sich ohnehin gerade mehr und mehr zu einem Ort der kreativen Begegnung und des Austauschs. Wir sind hier als Team fröhlich unterwegs und arbeiten intensiv an der digitalen Umsetzung unserer Angebote.
Herzliche Grüße
Pfarrer Johannes Lehnert
Fr 11. Dezember 2020 | Advent
Geistlicher Gruß zum 3. Advent 2020
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Heimlich geht er mit seiner Frau in die Kirche. Ein stickiges kleines Kellerzimmer. Mehr geht nicht. Und auch das ist verboten. Diese Kirche ist eine Untergrundkirche, denn im Iran haben es Christen schwer. Vor allem Muslime, die Christen werden wollen.
Heimlich gehen beide, ein junges Paar, in diese Untergrundkirche in ihrem Stadtteil von Teheran. Sie sind begeistert, dass Gott die Liebe ist – und dass die Menschen einander in Liebe begegnen sollen. Gott und den anderen Menschen auf Augenhöhe begegnen: Das war ihnen absolut neu.
Während eines heimlichen Gemeindetreffens dann ein Anruf der Mutter: „Kommt nicht nach Hause. Bleibt weg. Die Geheimpolizei steht vor der Tür.“ Das junge Paar schläft unter einer Brücke – selbst zu Freunden zu gehen trauen sie sich nicht. Das geht eine Weile so. Immer wieder der warnende Anruf der Mutter: „Kommt bloß nicht zu Eurem Haus. Es wird überwacht.“
Ein schneller Entschluss folgt. Sie gehen über die Grenze in die Türkei. Da sind wir in Sicherheit. Wenn sich die Lage beruhigt, können wir sicher zurückgehen. Einfach ein kurzer Urlaub in Istanbul. Mehr nicht. Die Lage bleibt angespannt. „Mama, wir haben kein Geld mehr. Verkauf unser Auto und zahl das Geld auf mein Konto“, heißt es nach einigen Wochen Zwangsurlaub.
Die Regierung hatte da schon alles beschlagnahmt. Das kleine Haus, das Auto. Eine Heimkehr war nicht mehr möglich. Auf Umwegen gelangt das junge Paar in ein Asylbewerberheim in Deutschland.
Mittlerweile sind sie eine kleine Familie geworden. Mit dem unsicheren Status der Asylbewerber haben sie sich allesamt taufen lassen. Sie haben unter großen Opfern Gott den Weg zu ihren Herzen bereitet.
Der Vater begründete das so: „Das mit der Liebe, das hat uns so sehr überzeugt. Wir wollen Christen sein – egal, ob sie uns abschieben oder nicht.“
Christen auf der Flucht, die heute unter uns sind in Deutschland, in unseren Städten, unseren Dörfern. Fremde Christen, die unsere Sprache lernen und unsere Kultur erkunden.
Szenenwechsel:
Eine große Einkaufsstraße in Europa. Menschen, Schnee und ein Lichtermeer. Auch hier heißt es: „Bereitet dem Herrn den Weg.“ Doch der Herr ist hier nur noch schwache Vorlage für das übliche vorweihnachtliche Kaufrausch-Fest. Die Händler fragen sich besonders in diesem Jahr der Pandemie: Werden wir unseren Jahresumsatz so wie letztes Jahr schaffen? Und der Kunde und die Kundinnen fragen sich wie immer: Was soll ich dieses Jahr nur kaufen? Vielleicht doch alles online bestellen, weil es sicherer ist und es so keine Infektionsgefahr gibt?
Hier, mitten uns, in den großen Metropolen der westlichen Welt, ist jetzt eher Angst vor der Pandemie wie überall, aber ganz sicher keine Angst vor der Geheimpolizei. Hier kannst Du in die Kirche, in die Moschee, in die Synagoge, in den Tempel gehen und niemanden interessiert es.
Gott den Weg zu bereiten, das ist Gottesnähe, denn Gott und Mensch begegnen sich so auf Augenhöhe. Und das geschieht durch den, den wir in diesen Tagen erinnern und dessen Geburtstag wir bald feiern. Der 3. Adventssonntag sagt: Gott kommt dir nahe, wenn Du es willst. Darum bereite dem Herrn den Weg in deinem Herzen. Mächtig kommt er. Mächtig wie ein ohnmächtiges Neugeborenes.
Es grüßt Sie herzlich,
Johannes Lehnert
Fr 11. Dezember 2020 | Advent
Geistlicher Gruß zum 2. Advent 2020
Liebe Leserin, lieber Leser
Der alte Mann war Millionär. Sein unermesslicher Reichtum bestand aus all seinen Kunstwerken: Gemälde und Skulpturen. Es hätte alles problemlos laufen können, wenn da nicht die Sache mit seinem Sohn gewesen wäre. Dieser war in jungen Jahren tödlich verunglückt. Eine Lücke im Leben des alt gewordenen Vaters. Als der Mann nun gestorben war, hinterließ er ein Testament das besagte, dass der ganze Besitz versteigert werden sollte, da er keine weiteren Erben hatte. Die Händler, Kunstsammler und Millionäre kamen von überall her. Der riesige Auktionsraum war brechend voll, denn alle wollten sich diese Gelegenheit, eines der erlesenen Kunstwerke zu ersteigern, nicht entgehen lassen. Dann sprach der Auktionator folgende Worte: „Ehe die Versteigerung beginnt, wäre da noch eine Bedingung des Verstorbenen, nämlich der erste Satz im Testament.“ Und während er das sagte, nahm er ein Bild des früh verstorbenen Sohnes aus seiner Mappe. „Dieses Bild muss zuerst versteigert werden.“ Natürlich war keiner der Anwesenden an diesem minderwertigen Bild vom Sohn des verstorbenen Millionärs interessiert. Irgendein unbekannter und unbegabter Maler musste es vor Jahren angefertigt haben. Aber Testament ist nun einmal Testament und so beharrte der Auktionator auf seiner Forderung. Niemand im Raum gab ein Angebot ab. Es wurde immer stiller und keiner der Anwesenden sprach ein Wort. Alle warteten, was nun passieren würde. Dann schließlich erhob sich hinten in der Ecke der alte Butler des Millionärs und sagte: „Ich habe den Jungen gekannt, ich möchte das Bild gerne ersteigern.“ Da es keinerlei Konkurrenzangebote gab, erstand er das Bild für ein paar Dollar, also praktisch für nichts. „Damit, meine Damen und Herren“, ließ der Auktionator sich wieder hören, „ist die Versteigerung beendet.“ Ein eisiges Schweigen legte sich über den Raum. „Beendet?“, hörte man eine Stimme, „sie hat doch noch gar nicht richtig angefangen.“ „Meine Damen und Herren“, fuhr der Auktionator fort. „Der zweite Satz im Testament des Verstorbenen lautet: Wer den Sohn hat, hat alles. Große Unruhe brach im Raum aus. Tumultartige Szenen voller Wutausbrüche spielten sich unter den Anwesenden und Kunstkennern ab und alle starrten den alten Butler an. Er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Doch die Gelegenheit für alle anderen war endgültig verpasst. Der Satz stand unerschütterlich im Raum: Wer den Sohn hat, hat alles.
Ist das nicht ein wunderbares Beispiel für die Bedeutung der Christgeburt, das Christusfest, für Weihnachten? Gottes Liebe zu uns wird darin aufs Feinste deutlich. Wer den Sohn hat. Der hat alles. Das ist im Prinzip die ganze Weihnachtsbotschaft. Es geht um ein heilsames Leben mit Gott in dieser Welt. Das ist wahres Leben. Jetzt und für die Ewigkeit. Der Glaube an Gott kommt aus der Mitte unseres Seins. Es ist das seelische Zentrum, aus dem heraus wir unser Leben gestalten können. Es führt zum Vertrauen auf die göttliche Kraft in unserem Leben. Wenn wir den Blick auf die gegenwärtigen Zustände in unserer Welt werfen, dann wird klar, diese Mitte darf uns nicht verloren gehen.
Die Corona-Pandemie hat die Menschheit in diesem Jahr quasi eiskalt erwischt, als viele Menschen mehr denn je schwankten in den unendlichen Wünschen nach schneller, höher, weiter und immer mehr von allem. Und das in einem endlichen Leben, das sehr begrenzt, verletzlich und fragil ist, wie wir jetzt erleben können. In der gegenwärtigen Situation unseres Lebens – und dazu mag sicher auch der Advent eine geeignete Zeit sein – kommt bei vielen Menschen die Frage in den Sinn: Was ist wirklich wichtig für mich in meinem Leben?
Als Christinnen und Christen haben wir bereits die Antwort gefunden. Und aus ihr darf für uns alles Tun und Lassen, alles Wollen und Können erwachsen. Jesus Christus ist und bleibt die Antwort auf alles Fragen. Oder anders gesagt: Mach´s wie Gott, werde Mensch.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegneten 2. Adventswoche.
Pfarrer Johannes Lehnert